Selenskyj ist unser Feind. Und wir sind keine Freunde der Ukrainer.

[Warnung: Dieser Artikel entspricht jetzt – am 23.4.22 – nicht mehr der Meinung des Verfassers. – Putin darf diesen Krieg nicht gewinnen!]

Wer jetzt hofft, hier die Propaganda unserer gekauften oder an gemeinsamen Werten (z. B. Ekel vor Schwulen) orientierten Russlandverteidiger wiederzufinden, kann sofort aufhören zu lesen. – Ja, ich halte Putin für einen Politgangster, der nach Den Haag gehört und die Ukraine für sein Opfer. Nein, kein Land schloss sich jemals der Nato an, um Russland zu bedrohen. Man trat in das Bündnis ein, um sich gegen mögliche russische Übergriffe abzusichern, Aktionen wie diejenige, die wir gerade sehen. Und noch ein Nein: Der demokratisch gewählte Selenskyj ist kein drogenabhängiger Neonazi, der versucht, sich Atombomben oder Biowaffen zu verschaffen, um sie auf Moskau zu werfen.

Worum es mir geht, ist eine gewisse Legende, die sowohl vom Westen wie auch von der ukrainischen Regierung aufrecht erhalten wird. Sie geht etwa so: Die Ukrainer und wir sind gute Freunde. Leider können wir unsere Freunde nicht so verteidigen, wie wir es eigentlich wünschen würden, da sie weder Mitglieder der Nato noch Mitglieder der EU sind. Immerhin liefern wir ihnen Waffen und sonstige Hilfen zum Weiterkämpfen. Den Beitritt zur EU stellen wir in Aussicht, denn sie verdienen ihn für ihren ausserordentlich tapferen Widerstand, der vom ganzen Volk getragen wird: „there is no doubt that these brave people who defend our values with their lives belong in the European family.“ (Von der Leyen)

Ich würde dem gerne eine andere, weniger schöne Geschichte entgegensetzen. Sie lautet:

Putin hat ein europäisches Land angegriffen und es läßt sich nicht sicher ausschließen, dass noch weitere Länder durch ihn bedroht sind. Der ukrainischen Regierung ist es gelungen, effizienten Widerstand zu organisieren. Dass dieser Widerstand auf längere Sicht erfolgreich sein, d. h. zur Vertreibung der russischen Truppen führen wird, ist aufgrund der Kräfteverhältnisse ausgeschlossen. Einige Tage lang hatte die Gegenwehr – vielleicht – einen gewissen Sinn vom Standpunkt der Ukraine aus, weil sie es höchst unplausibel macht, dass eine Mehrheit der Bevölkerung den russischen Einmarsch begrüßt hat (eine Lüge, die man nach Kriegsende mit Sicherheit bei Russia Today hören wird, falls es noch zu empfangen sein wird). Dieser Tage ist der Widerstand nichts anderes mehr als ein Unglück für das ukrainische Volk.

Dass die Ukraine nicht längst kapitulieren musste, verdankt sich nicht dem Heroismus ihrer Kämpfer, sondern Putins Auffassung, dass die Ukrainer „eigentlich“ Russen seien. Natürlich kann die russische Armee keine rücksichtslosen Bombardierungen russischer Zivilisten durchführen. Putins Armee kämpft also quasi mit einer Hand auf dem Rücken. (Man erinnere sich an die Taktik der Amerikaner bei der Eroberung Deutschlands 1945: Rechneten sie mit Widerstand, bombten sie zu besetzende Städte vor ihrem Einmarsch zu Schutt.)

Selenskyj und seine Armeeführung wissen das und nutzen es aus. Machen wir uns nichts vor: Wenn Putins Propaganda behauptet, dass die ukrainischen Truppen Zivilisten als Schutzschilde benutzen, ist das in einem bestimmten Sinne wahr, auch wenn die Soldaten natürlich keine Frauen und Kinder auf ihre Jeeps fesseln: Würde Selenskyj tatsächlich den größten Teil der Kiewer Zivilisten über einen von Russland garantierten „Korridor“ aus der Stadt lassen, würde er diese Evakuierung keine Stunde überleben, da die Russen damit den Freibrief erhalten hätten, das Regierungsviertel und die darunterliegenden Bunkeranlagen in Asche zu verwandeln. – Analoge Überlegungen wird es bei lokalen Truppenführern im Rest der Ukraine geben.

Nun gehen – so weit ich weiß – alle Experten davon aus, dass Putin sich keinesfalls aus der Ukraine zurückziehen wird, weil ein ergebnisloser Krieg seinen Sturz nach sich ziehen würde. Was die Ukraine mit ihrem durch westliche Waffen weiter genährten Widerstand bewirken wird, ist nicht der Sieg sondern lediglich eine Verlängerung des Krieges oder eine Veränderung der russischen Taktik hin zu weniger Rücksichtnahme auf die Zivilbevölkerung. Beides ist defintiv nicht im Interesse der ukrainischen Bevölkerung und fährt die Opferzahlen bei ihr und sämtlichen Beteiligten unnötig in die Höhe. – Wer profitiert überhaupt davon? Einerseits die ukrainische Regierung, deren Vertreter ihre Lebenserwartung leicht verbessern (sie stehen auf russischen Todeslisten) und andererseits – wir.

Mit „wir“ meine ich den Westen, spezieller das nicht unter russischer Oberherrschaft stehende Europa und ganz speziell mein Heimatland. – Falls Putin weitere Abenteuer in Planung hat, ist ein relativ katastrophaler Verlauf des ersten möglicherweise ein Grund für ihn, davon Abstand zu nehmen. Ganz abgesehen davon, dass russische Panzer, die von Ukrainern mit Hilfe deutscher Panzerfäuste in die Luft gesprengt werden, nicht mehr gegen Deutschland rollen können. – Anders ausgedrückt: Die Ukrainer kämpfen nicht mehr für sich selbst, sie kämpfen jetzt für uns. Wir bestärken sie in ihrem tödlichen Heroismus aus völlig eigennützigen Gründen. Das Verhalten von Freunden ist das nicht.

Zu dem ominösen „Heroismus“ ist noch etwas weiteres zu sagen: Sicherlich ist ein erheblicher Teil der ukrainischen Bevölkerung entschlossen, auf verlorenem Posten gegen die Invasoren zu kämpfen. Anderenfalls wäre der Widerstand längst zusammengebrochen. Ein „erheblicher Teil“ muss aber keineswegs die Mehrheit sein und man sollte in diesem Zusammenhang daran denken, dass die Ukraine Männern unter 60 die Ausreise verboten hat, was bei dieser Bevölkerungsgruppe einen entsprechenden Wunsch vermuten lässt. Ich glaube, dass weltweit die meisten Menschen nicht freiwillig dazu bereit sind, durch Beteiligung an Kampfeinsätzen das Risiko einzugehen, verbrannt oder zerfetzt zu werden, jedenfalls solange nicht das eigene Leben oder das von Angehörigen und Freunden unmittelbar verteidigt werden muss. Ich bezweifle, dass auch nur einer der deutschen Politiker, die jetzt den Heldenmut der Ukrainer loben, bereit wäre, für sein Land ins Granatfeuer zu marschieren. In Osteuropa mag es anders liegen, so wie es 1940 auch in Deutschland anders lag. Nach dem zweiten Weltkrieg sind Ehrbegriffe dieser Art bei uns aus guten Gründen ausgerottet worden. Es ist blankeste Heuchelei, sie jetzt bei den Ukrainern zu loben.

Noch schlimmer als das ist aber das völlig kritiklose Verhältnis der deutschen Öffentlichkeit zu den jetzt gerne prominent und kritiklos abgebildeten Molotov-Cocktails: Diese provisorische Waffe ist schon an und für sich unmenschlich, weil sie darauf abzielt, schwere Brandverletzungen zu erzeugen. Sie auch noch an Frauen und Kinder zu verteilen, wie es die Ukrainischen Behörden tun, ist regelrecht ein Verbrechen, da den Russen im Ernstfall kaum etwas übrig bleiben wird, als diese Frauen und Kinder zu erschießen.

Wir sind also nicht die Freunde der Ukrainer (sonst würden wir ihnen die sofortige Kapitulation empfehlen). Ob sich die ukrainischen Bürger als Freunde der Deutschen sehen, weiß ich nicht. Ich würde ihnen, wegen der fehlenden Gegenseitigkeit, abraten. Was ich aber sicher weiß ist, dass Selenskyj, der ukrainische Regierungschef, nicht nur kein Freund, sondern sogar unser Feind ist:

Es könnte sein, dass Putin eine militärische Auseinandersetzung mit der Nato anstrebt. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, aber eine konkrete Möglichkeit. (So wie bei einer Lotto-Tippreihe drei richtige Zahlen eine konkrete Möglichkeit sind, im Unterschied zu der abstrakten Möglichkeit, den Jackpot zu gewinnen.) Dass Selenskyj zu seiner Entlastung einen Krieg Russlands mit der Nato wünscht, ist aber nicht lediglich blosse Möglichkeit: Durch die an die USA und Deutschland gerichtete Forderung nach Einrichtung einer Flugverbotszone über der Ukraine dokumentiert er diesen Willen zweifelsfrei. Da jeder, der Deutschland in einen großen Krieg stürzen will, unser Feind ist, ist Selenskyj unser Feind.

Das Schlimme dabei ist (Cassandra told me so), dass er durchaus die Mittel haben könnte – etwa durch eine geschickte Operation seines Geheimdienstes – eine direkte Konfrontation von Nato und Russen herbeizuführen. Die plötzliche, geradezu panische Bereitschaft Deutschlands, seine Natobeiträge zu zahlen und die Bundeswehr, wie Patrick Lindner sagte, zu einer der „schlagkräftigsten“ Armeen Europas hochzupuschen, hat ihren Grund.


Foto: Frisch eingezogene Wehrmachtssoldaten, die ihr Kriegertum für Freunde und Verwandte parodistisch zur Schau stellten. – Bevor sie es praktizieren mussten.

6 Gedanken zu “Selenskyj ist unser Feind. Und wir sind keine Freunde der Ukrainer.

  1. „Patrick“ Lindner xD
    Ansonsten hätte ich den Artikel gerne darüber hinaus kommentiert, weiß aber nicht welche Teile genau nicht mehr der Meinung des Verfassers entsprechen. Vllt gar nicht mal so viele nicht, da der Text auch Stand jetzt nicht unbedingt fordert, dass Putin den Krieg gewinnen soll. Stellt die Ukraine die Kampfhandlungen ein, würde kaum ein Geschichtsbuch außerhalb Russlands von einem Sieg sprechen. Kommt natürlich darauf an was Russland danach tut, und welche Gebiete sie kontrollieren zu dem Zeitpunkt.

    Neutral kommentieren kann ich diesen Krieg egtl nicht da Freunde von mir in Cherson und Charkiw im Keller sitzen und einen zynischen Pragmatismus entwickeln mussten („Die Lage hat sich beruhigt. Die Raketen fliegen noch immer, aber nicht mehr so oft“ – so sprechen wir hier über schlechtes Wetter!). Dazu wissen wir auch zu wenig über Ukrainer, Russen, ihr Denken, heute und früher, über die Biographien der handelnden Politiker, über Täterschaften von Kriegsverbrechen oder auch ob die westl. Wirtschaft tatsächlich keine Geschäfte mehr mit Russland macht. MacDonalds ist in den kleineren Städten Russlands weiterhin aktiv, man kann noch Post nach Russland schicken, Luxusartikel bestellt man einfach weiterhin bei OZON und alle gesperrten Webangebote kommen über vpn rein. So kommt vieles von dem, was wirklich ist, gar nicht zu uns an. Nur so viel ist gewiss: Darin, Kriege NICHT zu verhindern, sind ausnahmslos alle Politiker Weltklasse. Allen voran der ehemalige VV von Black Rock, der gerne schweres Geschütz zur Verlängerung der Schlacht noch lieber heute als gestern in die Ukraine liefern würde. Die meisten Fehler wurden, von beiden Seiten, allerdings wohl vorher schon gemacht. Manche Dinge waren zugegebenermaßen aber auch schlecht zu verhindern. Diese auszuführen würde den Rahmen sprengen, nur so viel: Es lässt sich geosteategisch immer leicht reden wenn man mehrheitlich von Wasser umgeben ist, unten eine Mauer steht und oben das friedlichste Volk der Erde, verglichen mit einer Lage, wo man qua Fläche schon von zig unterschiedlichen Ländern und Kulturen umgeben ist, wo andauernd crazy shit gedacht, geplant und umgesetzt wird. Bis neulich!

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    1. Der Blog liegt mir sozusagen auf dem Gewissen, weil ich ihn a) für relativ gut geschrieben halte und b) einige wesentliche Behauptungen für gefährlich falsch. Ich ging damals von zwei irrigen Annahmen aus. Erstens glaubte ich nicht, dass die Ukraine eine militärische Chance hätte und zweitens dachte ich, dass das Geschlucktwerden durch Russland viel harmloser für die Bevölkerung sein müsse als ein längerer Krieg.

      Was ich jetzt glaube, ist stattdessen:
      – Die Ukraine hat, mit westlichen Waffenlieferungen plus Sanktionen, eine realistische Chance, den Krieg jedenfalls in dem Sinne zu gewinnen, wie die Finnen den Winterkrieg gewannen, d. h. indem sie ihn mit territorialen Beschädigungen, aber als Nation unangetastet überlebten. Die Ukraine ist kein „Grenada“, sie spielt konventionell-militärisch in einer vergleichbaren Liga wie Russland.
      – Eine Kapitulation würde bedeuten, dass die Ukraine von Russland assimiliert würde. Dieses Kriegsziel ergibt sich aus diversen Äußerungen von russischer Seite. Ausserdem (so schließe ich aus Bucha sowie wiederum russischen Wortmeldungen) würde man einen gewissen Teil der Bevölkerung – die Träger des „nazistischen Systems“ – ermorden, einkerkern oder zur Flucht zwingen. Die bereits praktizierte Umsiedlung ukrainischer Zivilisten in entfernte Teile Russlands deutet ausserdem darauf hin, dass man im Dienste einer „Russifizierung“ einen Bevölkerungsaustausch per Deportation und russischer Ansiedlung vornehmen würde. – Ich denke, bei solchen Aussichten lohnt es sich, einen Krieg zu führen, wenn er (wie gesagt) zudem eine realistische Erfolgsaussicht hat.

      Ich schrieb auch: „Es könnte sein, dass Putin eine militärische Auseinandersetzung mit der Nato anstrebt. Es ist nicht sehr wahrscheinlich …“ – Heute glaube ich, nachdem ich mich mit dem sog. „Eurasismus“ beschäftigt habe, dass das offen kommunizierte russische Planziel – die Vertreibung der Amerikaner aus und die Erlangung der Hegemonie in Europa (von „Wladiwostok bis Lissabon“) NUR durch einen Krieg mit Natoländern erreicht werden kann. Ein solcher Krieg ist folglich wahrscheinlich, wenn Putin durch den jetzigen Krieg nicht entscheidend geschwächt wird. (Das russische Staatsfernsehen bereitet die Bevölkerung schon seit Jahren auf Krieg mit der Nato vor.)

      Ich könnte mir vorstellen, dass die Nato insgeheim genauso denkt. Die forcierte Aufnahme Finnlands muss für Russland untragbar sein, auch wenn sie z. Zt. noch so tun, als wäre es ihnen gleichgültig. Vielleicht will man Putin bewusst vor die Alternative Eskalation oder Aufgabe stellen. Man pokert jedenfalls hoch.

      Im Übrigen stimme ich Dir zu, was die „Mentalität“ betrifft. Ich bezweifle, dass die heroischen, Bandera verehrenden und alle-Russen-hassenden Ukrainer so viele Werte mit der EU gemeinsam haben, wie sie selbst glauben.

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      1. Danke für die neuerlichen Einlassungen und den Link. Die Wahn- äh Wunschvorstellungen bzgl eines Eurasismus teilt sich Russland übrigens spätestens seit 1997 mit den USA. Ein Mann, dessen Thesen hin und wieder von Medien zumindest in CH und A mit seinem Buch zitiert wurde, hat schon damals allerlei Geopolitik auf Papier gemacht und soll – dem Vernehmen nach – großen Einfluss auf die jeweilige Exekutive haben. Vorname kann kein Mensch aussprechen oder schreiben, Nachname: Brzezinski. Sein Werk wird von sehr vielen deutschen YouTubern, Kabarettisten, Konspirateuren und anderen als Beweis für ein passendes Verhalten der USA herangezogen, und auch für schwarzseherische Prognosen. Das geht hin bis zum Armageddon, dem Selbstzerstörerischen Endkampf gegen die anderen Weltmächte, und nicht nur Spinner wie Jebsen, Hörstel und Müller fallen dem anheim, sondern auch moderate Leute wie Georg Schramm.
        Was ich sagen will: Es gibt in jedem Land Stimmen wie Brzezinski oder die Salwiki(?), Oder auch die Falken in Israel, die ihre Wünsche öffentlich äußern. Ob die Entscheider dem immer genau so folgen oder folgen wollen, ist eine andere Frage. Auch im Krieg müssen sie Realpolitik machen, so irre das klingt. Trump hat sich viele Dinge sicher auch leicht vorgestellt und wurde dann zum Glück außenpolitisch von klügeren Beratern gebremst. Der Stopp des Vertrags für den Langstreckenwaffenverzicht gehört leider nicht dazu.
        Ich will nicht ausschließen dass es im inner circle des Kreml Träume bis nach Polen gibt, und jede Großmacht stellt sicher Planspiele an, aber mit einer indischen Lösung für die Ukraine wird ein Putin sich zufrieden geben können. Mit einem großen LEIDER wohlgemerkt. Insbesondere die jungen Soldaten sind als erstes verheizt worden, die, die am ehesten Zweifel an diesem Einsatz hatten bzw sich mit zunehmender Dauer dagegen gewehrt hätten. Die einzige Wortmeldung Hannes Waders zu diesem, von seinem ehemaligen Traumstaat Sowjetunion bzw deren Nachfolger angezettelten Krieg, war der unkommentierte Abdruck seiner Hymne Es ist an der Zeit. Dies mag einerseits für diese russischen Soldaten gelten, aber nicht vergessen sein sollen auch die ukrainischen, die weniger patriotisch sind und sich jetzt vor der generalmobilmachung von Selenski verstecken müssen. Es gibt mMn nicht DIE Seite vor der man Angst haben muss, ich fürchte die sichtbaren und unsichtbaren Schritte beider Parteien.

        „…und du hast ihnen alles gegeben
        Deine Kraft, deine Jugend, dein Leben.“

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      2. Brzezinski habe ich noch nicht gelesen (sein Buch vegetiert auf meinem Kindle). – „The Grand Chessboard“ erschien 1997, im selben Jahr wie Alexander Dugins „Grundlagen der Geostrategie“. Dieses Buch Dugins hätte ich gerne gelesen, es gibt aber keine englische Übersetzung (die, die angeboten wird, ist mit dem Google Translator erstellt). Über den Inhalt bin ich daher nur durch Wikipedia orientiert: Die Zielvorgabe ist ein Eurasisches Imperium – ein multiethnisches Groß-Russland, der Rest Kontinental-Europas soll von amerikanischem Einfluss befreit und unter russische Hegemonie gebracht werden. Noch einige Details:
        – Das UK soll von Europa abgeschnitten werden (!)
        – Belarus, Moldau und Ukraine sollen Teil Russlands werden
        – Die USA sollen durch Anzettelung innerer Unruhen destabilisiert werden (!)

        Ein starker Einfluss dieses Buches auf das Denken der russischen Militärs scheint dokumentiert zu sein. Zwei spätere Bücher Dugins habe ich gelesen, die Funktion dieses „Philosophen“ für die russische Außenpolitik besteht ggw. offenbar darin, eine Art antiamerikanische und antiliberale Internationale zusammenzubringen, wobei auch Frömmler, Rechtsextreme, Impfgegner, Verschwörungstheoretiker, Homophobe umworben werden (eigentlich alles, was im westlichen Sinne „böse“ ist), Das „russische Großreich“ in Europa soll für andere Weltteile Modell sein. Mit Gauland und Le Pen ist Dugin persönlich bekannt. Besonderen Einfluss soll dieser „Neo-Eurasismus“ in der Türkei haben, was ich „passend“ finde.

        Putin selbst hat sich nie direkt auf Dugin bezogen, dafür aber auf ältere russische Denker, die wiederum Dugin wesentlich beeinflusst haben (und die man hier natürlich nicht lesen kann). Bücher eines gewissen Iwan A. Iljin hat Putin persönlich an seine Entourage verteilt. – Zitat aus der Zeit (https://www.zeit.de/2022/12/iwan-iljin-philosoph-schweiz-russland-wladimir-putin/seite-3):

        „2012 folgte Putin in einer Rede den Gedanken Iljins und kündigte an: „Eurasien“ werde die Europäische Union „überwinden“ und deren Mitglieder in ein größeres Gebilde integrieren, das „von Lissabon bis Wladiwostok“ reiche.“

        Die Formulierung „von Lissabon bis Wladiwostok“ (oder umgekehrt) verwendet Dugin sehr gern. Ministerpräsident Medwedew hat sie kürzlich in einem Post zur Ukraine benutzt, einem besonders üblen Text, in dem er die gewaltsame „Russifizierung“ der Ukraine ankündigte.

        Ich fürchte, es gibt nicht nur „einige“ Falken in der russischen Führungsetage.

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    2. Zur Ukrainischen Mentalität ein Zitat aus dem Ukrain. Propagandakanal „Ukraine NOW“ (Telegram):

      🤬 In Sweden, a Russian teacher Eugenia Karlsson verbally attacked a ukrainian girl. Helga Kadya filmed everything. Another proof that “good Russians” just do not exist. (…)

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